1788-1866
Vorklänge
I.
II.
III.
Des tröst ich mich, daß zwar,
wenn zu den Toren
Des Todes fuhr der Mensch, der
einzle, nieder,
Er dann sowenig, als die Blume
wieder
Heraufgebracht kann sein vom
Tanz der Horen;
Daß aber wohl, gleichso wie
kahlgeschoren
Ein Baum von neuem treibet
seine Glieder,
Ein Vogel treibt von neuem
sein Gefieder,
So auch ein Volk kann werden
neugeboren.
Du Volk der Deutschen, Phönix
sonder gleichen,
Du bist mit Ruhm gealtert ein
Jahrtausend,
Doch niemand soll mit Hohn
sehn deine Leichen.
Besteig den Holzstoß, nicht
vorm Tode grausend!
In Flammen soll dir Schwäch’
und Alter weichen,
Und du hervorgehn, neu in
Jugend brausend!
IV.
Du blühestest, die schönste
aller Eichen,
Germania, im tiefsten Kern
gesunde;
Als dir der Römer
gegenüberstunde,
Konnt an die Äste dir sein
Speer nicht reichen.
Da schlug ein andrer Feind mit
listigen Streichen
Dir von der Westseit’ eine
schwere Wunde,
Hieb von den Ästen manche dir
zum Grunde,
Und zimmerte daraus sich
Siegeszeichen.
Nun will er gar den ganzen
Stamm zerhauen,
Und tröstet dich: „Ich will
euch wilde Äste
Zu einem wohlgefugten Haus
verbauen.“
Er baue dich zum schönsten der
Paläste,
Doch wird dir kein lebendiger
Lenz mehr tauen,
Nicht rauschen wirst du mehr
im freien Weste.
V.
Ihr
Deutschen von dem Flutenbett des Rheines,
Bis wo
die Elbe sich ins Nordmeer gießet,
Die
ihr vordem ein Volk, ein großes hießet,
Was
habt ihr denn, um noch zu heißen eines?
Was
habt ihr denn noch großes Allgemeines?
Welch
Band, das euch als Volk zusammenschließet?
Seit
ihr den Kaiserzepter brechen ließet
Und euer
Reich zerspalten, habt ihr keines.
Nur
noch ein einziges Band ist euch geblieben,
Das
ist die Sprache, die ihr sonst verachtet;
Jetzt
müßt ihr sie als euer einziges lieben.
Sie
ist noch eur, ihr selber seid verpachtet;
Sie
haltet fest, wenn alles wird zerrieben,
daß
ihr noch klagen könnt, wie ihr verschmachtet.
VI.
VII.
Du Sprachbegabter, o Erzeugter
Maias,
Und all’ ihr, in Olympos
Kronenträger,
Du o Alkid, Herakles,
Löwenjäger,
All’ ihr Heroen Gräcias und
Achaias!
Und ihr Erlesene vom Volk Judaias,
O Moses, steinernen Gesetzes
Präger,
O David, auf dem Thron ein
Harfenschläger,
Und du, in Nacht ein
Gottesblitz, Jesaias!
Und, hohe Namen aus Thuiskons
Hainen,
Ihr Lieder eurer Barden, o
Hermanne,
Ihr Flammen eurer Krieger, o
Thusnelden!
Euch alle ruf ich, daß ihr
sollt erscheinen,
Damit mein Volk zu Helden sich
ermanne,
Und ich, daß ich ein Sänger sei der Helden.