1788-1866
Ihr, denen, was mein Haus von
stillem Glücke
Umfasste, stand in meinen Liedern offen!
Theilnehmend an so unscheinbaren Stoffen,
Die nicht vertragen, dass viel Kunst sie schmücke;
Nehmt eure Theilnahm' itzt
auch nicht zurücke
Und lasst für Beifallslächeln Thränen hoffen,
Beim Schicksalsschlag, der so das Haus getroffen,
Dass alles Glas der Freude gieng in Stücke!
Vielleicht verschlöss' ich
besser solche Klänge;
Und wahrlich nicht mit Lorbeer zu umweben
Denk' ich die Stirn durch klagende Gesänge.
Doch wenn ich sähe meine
Lieben leben
In fremden Munde, dieses Schaugepränge
Könnt' ein'gen Trost für ihren Tod mir geben.
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Sie haben ganz, o Kind, um das
wir trauern,
Mit Blumen dich und Kränzen überdecket;
Die werden tief nun, wo du liegst gestrecket,
Mitmodernd, deinen Leib nicht überdauern.
Und wann des Frühlings Lüfte wieder
schauern,
Sind neue Blumen deiner Gruft erwecket;
Die werden blühn, von keinem Aug' entdecket,
Und welken hinter freudelosen Mauern.
Dein Vater aber, der sich
nennt ein Dichter,
Er möchte dich, und dauerhafter, krönen;
Sein ganzes Leid für dich in Kränze flicht er.
O bliebe nur ein Ton von
diesen Tönen
Durch Göttergunst entzogen dem Vernichter,
Ein ew'ges Denkmal früh verblichnem Schönen!
Nun seh' ich wohl, warum so
dunkle Flammen
Ihr sprühtet mir in manchem Augenblicke,
O Augen, gleichsam um in einem Blicke
Zu drängen eure ganze Macht zusammen.
Dort ahnt' ich nicht, weil
Nebel mich umschwammen,
Gewoben vom verblendenden Geschicke,
Dass sich der Stral bereits zur Heimkehr schicke
Dorthin, von wannen alle Stralen stammen.
Ihr wolltet mir mit eurem
Leuchten sagen:
Wir möchten nah dir immer bleiben gerne,
Doch ist uns das vom Schicksal abgeschlagen.
Sich recht uns an! denn bald
sind wir dir ferne.
Was dir noch Augen sind in diesen Tagen,
In künft'gen Nächten sind es dir nur Sterne.
Nur wer gelebt in einer
Volksgemeine,
Sollt' in derselben werden auch begraben;
So möchten sie ihr Fest zusammen haben,
Im Mondschein nun, wie sonst im Sonnenscheine.
Euch aber, dich, mein
Töchterlein, das kleine,
Und dich o meinen nicht viel grössern Knaben,
Statt dass sie hier euch euer Plätzchen gaben,
Bestattet wünscht' ich euch im stillen Haine.
Ihr wart noch unter Leute
nicht gekommen
Und müsst' hier unter lauter fremd' euch mischen;
Wie werdet ihr von ihnen aufgenommen?
Hier ruht kein Ahn, mit Muth
euch zu erfrischen,
Und euer Vater hat erst nachzukommen;
So nehm' euch Gott in seine Hut inzwischen!
O Bildnerin, Natur, von keinen
Schranken
Ist deiner Fantasie Gebiet umgrenzet;
Und wie dein Odem wintert oder lenzet,
Entflittert er und kräuselt neue Ranken.
Wie Blasen stiegen auf im
Strom und sanken,
Und fort der Strom im Schein der Sonne glänzet;
Wie unter Stirnen, die der Lorber kränzet,
Aufblitzen und zerflattern Lichtgedanken:
Nicht alle werden dauernde
Gebilde,
Die schönsten sterben, eh sie sind geboren,
Wie goldne Nebel an der Sonn' entschweben.
Doch stets bedeckt von Blüt'
ist das Gefilde,
Und ein begrabner Lenz ist nicht verloren,
Er hilft des Teppichs Grund unsichtbar weben.
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Ich war gewohnt, euch etwas
mitzubringen,
Und ihr, mitbringen etwas euch zu lassen.
So nehmt die Blumen hier, die ersten blassen,
Die diesem mir betrübten Lenz entspringen!
Wohl pflegtet ihr entgegen
sonst zu springen;
Das, weiss ich, muss ich diessmal euch erlassen.
Streckt wenigstens die Händchen aus zum Fassen!
Könnt ihr sie nicht der schweren Deck' entringen?
Ich will die Gab' euch auf die
Decke legen,
Und denken doch ihr habt sie angenommen;
Gebt mir ein Zeichen nur, es auszulegen!
Die Sonn' ist hoch in Wolken
angeglommen,
Ein heller Blick sagt mir von euretwegen,
Dass ihr der Mutter Gaben heisst willkommen.
Entgegen geh' ich nun den
trüben Tagen,
Der traur'gen Zeit, die mir vom ganzen Jahr
Die unerfreulichste schon sonst auch war,
Eh' sie so herbe Wunden mir geschlagen.
Die Zeit, wo wir um
Lichtabnahme klagen,
Und sehn die Erde Blumenschmuckes baar;
Dieselbe Zeit hat auch mein schönes Paar
Wie Sonnenschein und Blumen weggetragen.
Und wenn in Mitte dieser
Finsternisse
Sonst ein Gestirn des Trosts und Helles stand
Das Kinderfest der heiligen Weihnachten;
O wie ich nun auch dessen
Segen misse,
Da ihr zu Grabe gienget, in der Hand
Die Gaben haltend, die vom Fest gebrachten!
Im Sommer war es mir ein
Trost, mit Blüten
Die Gräber meiner Kinder zu
umfloren;
Neu glaubt’ ich mir die
blühenden geboren,
Wenn sich die Knospen
aufzubrechen mühten.
Nun aber bei des Winters
strengen Wüten
Die zarten Frühlingskinder
sind erfroren,
Ging mir der süßen Täuschung
Spiel verloren,
Und Dichtung nur kann den
Verlust vergüten.
Die Kinder meiner Wonne,
meiner Schmerzen,
Sind nicht begraben in der
harten Erde,
Sie sind’s in meinem weichen,
lockern Herzen;
Das wird zu einem
Rosenfeuerherde,
Aus welchem sprühn wie Flammen
heil’ger Kerzen
Trostlieder, die ich ziehn
statt Lilien werde.