1788-1866
Pfingsten 1812
I. Der Maienzweig spricht:
Als das Geschlecht der grünen
Waldeskinder
Ratschlagte, wen es dir zum
Maigruß sende;
Ward, wie danach wetteifernd
aller Hände
Sich streckten, ich erklärt
zum Überwinder:
Daß, weil mich als geweihten
Kränzewinder
Das Pfingstfest führt in
seines Tempels Wände,
Ich, wenn du’s gönnest, auch
im Zimmer stände,
Das, dich umfangend, Tempel
ist nicht minder.
So zweifle nun nicht länger,
daß durchdrungen
Von dieses Tags Begeistrung,
einst gewesne
Gesandten redeten in fremden
Zungen;
Da ich, der zum Gesandten
heut’ erlesne,
In jedem Blatt hab’ eine Zung’
errungen,
Die dich begrüßen will, o
Neugenesne.
II. Die Blumen sprechen:
Gar oft mit Bitten riefen wir
zum Lenze:
Solang’ schon haben wir zu
blühn getrachtet;
Was hältst du denn so streng
uns noch umnachtet?
Wann gibst du Sonnschein denn
für unsre Kränze?
Er sprach: Ehr nicht, bis neu
an Wohlsein glänze
Mein Lieblingskind, das jetzt
in Krankheit schmachtet.
Was wär’s denn, wenn sie
weinte, und ihr lachet?
Sie litte, und ihr hieltet
Freudentänze? –
Da flehten wir mit unsern
schönsten Klagen
Die Göttin der Gesundheit an:
O rette!
Laß sie erblühn daß wir’s auch
dürfen wagen!
Heil uns und dir! Sie nahm dir
ab die Kette;
Nun wird der Lenz sich uns
nicht mehr versagen;
Komm’, blüh’ nun, Schwester,
mit uns um die Wette!
III. Die Flur spricht:
Nur März erst war’s, doch
lockend bot er Strahlen
Mir schon und Blüten, deren
ich mich freute,
April als Fieberschauer kam;
zur Beute
Sank ihm mein Schmuck, ich
sank in Todesqualen.
da trat mit der Genesung
tauigen Schalen
Der Mai zu mir, der meine
Blüt’ erneute,
Daß ich, die ich jüngst schön
war, schöner heute
Nach Stürmen bin, die keinen
Reiz mir stahlen.
Du, Flur wie ich! Blumenbeete
deine Wangen!
Bist du nicht auch aus schönem
März durch Schauer
Aprils hindurch zu schönerm
Mai gegangen?
Und wieviel tödlicher dein
Sturm und rauher
Als meiner war, so blühender
sei dein Prangen:
Von dir besiegt zu sein bringt
mir nicht Trauer.
IV. Amors Garten
Er, der vordem geherrscht in
Paphos’ Hainen,
Hält jetzt umpflanzt, als ob
er sonst nichts hüte,
Mit einem ganzen Garten eine
Blüte,
In welcher alle Blüten sich
vereinen.
Abholen wollte sie der Tod in
einen,
Der (meint’ er) solcher Blume
würd’ger blühte;
Amor, der gegen ihn umsonst
sich mühte
Im heißen Kampf, siegt’
endlich noch durch Weinen.
Nun rat ich dir, o Amor, wohl!
Vermähle
So Fleiß mit Kunst, und so den
Garten rüste,
Daß künftighin dem Tod der
Vorwand fehle;
Und daß die schöne Blum’ auch
selbst nicht lüste,
Zu tauschen irgend gegen
goldne Säle
Den Garten hier, der dann
verarmen müßte.
V. Die Minnedienstigen
Sieh! wie, besorgt um dein neu
werdend Leben,
Geschäftig rings sich regen
Werkgesellen!
Die Bien’ häuft linden Seim
dir in die Zellen,
Die Ameis’ edlen Weihrauch in
die Gräben;
Das Kraut will dir heilsame
Wurzeln geben,
Heilsame Tränke geben dir die
Quellen,
Die Blüte eilt, dir bald als
frucht zu schwellen,
Indessen läßt sie Düfte zu dir
schweben,
Und zischen das Gewerk tönt
das Geklinge
Der Nachtigall, als mahnende
Frohnglocke,
Und gibt mit frohem schall der
Arbeit Schwinge;
Damit kein Dienst von jenen
säum’ und stocke,
Bis daß zuletzt der schönst’
ihr selbst gelinge,
Daß jubelnd sie zum neuen Tanz
dich locke.