1772 – 1829
Wo Indiens
Sonne trunknen Duft den Winden
Ausstreut,
gedachtest du der hohen Kunden,
Wie
Gama einst der Thetis sich verbunden,
Wolltest
der Helden Haupt mit Ruhm umwinden.
O weh
uns Armen, irdisch ewig Blinden!
Kaum
war dein Bild dem wilden Meer entwunden,
Sahst
du, von Alter, Sorge, Gram gebunden,
Den
letzten König deines Volks verschwinden.
Wollust
haucht in dem Liede, Seel entraubend,
Frohlockend
kommt der Helden Schiff geflogen,
Tief
unten braust ein Strom verborgner Klagen.
Sei
Camões, denn mein Vorbild! Laß
mich’s wagen,
Des
deutschen Ruhms Urkunde aus den Wogen
Emporzuhalten,
an die Rettung glaubend.
1772 – 1829
Laß edlen Mut den weißen
Alltag gründen,
Hoch Phantasie in
Purpurflammen wehen,
Und Liebe wirst du bald im
Zentrum sehen,
Wo grün die Feuersäulen sich
entzünden;
Durch braune Locken wird sich
Myrte winden,
Der Freund mit goldnen
Früchten vor dir stehen,
Die Kinder dann in Blumen zu
dir gehen,
Mit Ros’ und Lorbeer dich die
Schwester binden.
Es war der alten Maler gute
Sitte,
Des Bildes Sinn mit einem
Strich zu sagen,
Der den Akkord der Farben
drunter schriebe;
So mag auch dieses Lied es
kühnlich wagen,
Zu deuten auf der Dichtung
innre Mitte,
In Farben spielend um die süße
Liebe.
1772 – 1829
Rücksichten sind’s die unsern
Blick berücken;
In Absicht jede Aussicht
gleich erkalten,
Bis wir, eh wir uns umgesehn,
veralten,
Und beugen dann, von Einsicht
schwer, den Rücken.
Roh scheint’s, der Erde Blumen
grade pflücken.
Wir möchten fein der Schonung
Linie halten,
Der Liebe Leben künstlich klug
verwalten,
Verständigung und mit Anstand
uns erdrücken.
Wir sollen unbekannte Größen
wählen,
Es sind zu wenig Gleichungen
gegeben,
Drum hatt und hat’s ein
sonderbar Bewendnis.
Denn, weil wir endlos rechnen,
zweifeln, zählen,
Wird uns das klare, leichte,
freie Leben
Ein einzig viel verschlungnes
Mißverständnis.
1772 – 1829
Wie tief im Waldesdunkel Winde
rauschen,
Ihr Lied dazwischen
Nachtigallen schlagen,
Der muntre Vogel singt in
Frühlingstagen,
Daß wir dem fernen Ruf
bezaubert lauschen;
So seht ihr hier jedwede Weise
tauschen,
Betrachtung, linde Seufzer,
tiefe Klagen,
Der Scherze Lust, der Liebe
kühnes Wagen,
Und was den Seher göttlich mag
berauschen.
Anklänge aus der Sehnsucht
alten Reichen
Sind es, die bald sich
spielend offenbaren,
Uns ihr Geheimnis bald im
Ernst verkünden;
Sinnbilder, leise, des
gefühlten Wahren,
Des nahen Frühlings stille
Hoffnungszeichen,
Die schon in helle Flammen
sich entzünden.
1772 – 1829
Vergebens wollt ihr, daß mit
eurem Sinne
Der Dichter eins und gleich
sei, der verachtet,
Was trübe euren trägen Geist umnachtet,
Besorgt, wie das Verborgne er
gewinne.
Der Dichter, der, wie fern die
Zeit entrinne,
Vergangenheit als Gegenwart
betrachtet
Und, während ihr nach
Sterblichem nur trachtet,
Unsterblich, hier schon wird
der Zukunft inne.
Als noch die Flammen strömten,
Felsen klungen,
Die alte Riesenzeit der jungen
Erde
Ist nah ihm gegenwärtig,
gleich wie heute.
Und wieder grüßt und ruft von
fern sein Werde
Den Frühling Gottes, daß er
uns erneute,
Hat seine Ankunft froh schon
jetzt besungen.
1772 – 1829
Der schwarze Mantel will sich
dichter falten,
Die freundlichen Gespräche
sind verschollen;
Wo allen Wesen tief Gesang
entquollen,
Da muß die stumme Einsamkeit
nun walten.
Es darf den großen Flug das
Herz entfalten,
Und Phantasie nicht mehr der
Täuschung zollen;
Was farbig prangt, muß bald
ins Dunkel rollen,
Nur unsichtbares Licht kann
nie veralten.
Willkommen, heil’ge Nacht, in
deinen Schauern!
Es strahlt in dir des Lichtes
Licht dem Frommen,
Führt ihn ins große All aus
engen Mauern;
Er ist ins Innere der Natur
gekommen
Und kann um ird’schen Glanz
nun nicht mehr trauern,
Weil schon die Binde ihm vom
Haupt genommen.
1772 – 1829
Wo mehre bildend sich in Eins
verbunden,
Gewinnt der Künstler seines
Daseins Mitte,
Weiß nun, wohin er richten
soll die Schritte,
Und sieht die Teile sich zum
Ganzen runden.
In neuer Jugend wird die Kraft
gesunden,
Die fort von Stuf’ und Stufe
höher schritte,
Und wenn man noch so starke
Schmerzen litte:
Die Bildung bleibt, es fliehen
nur die Stunden.
Es darf der Mensch von
Herzensgrund nur wollen,
Mit Mut sich schließen an die
mut’gen Brüder,
Den festen Sinn vom Ziele
nimmer wenden;
So muß ihm jeder Stoff
Gestaltung zollen,
Die höchsten Würden steigen zu
ihm nieder,
Er kann des Lebens Kunstwerk
groß vollenden.
1772 – 1829
Was wünschen und was streben
alle Sinnen? –
Sie möchten wieder in das All
verschweben.
Was ist das höchste Ziel von
allem Streben?
Es will der Mensch, wenn er
verklärt von hinnen.
Drum wollt ihr, sel’gen
Götter! Dank gewinnen
Von dem, der hohem Dienste
sich ergeben,
In heiliger Natur nur lebt
sein Leben,
So laßt ihn schnell in
leichten Duft zerrinnen.
Es schwebt die Seele gern auf
süßen Tönen,
Und lauschet sinnend, was es
wohl verkünde,
Ob auch die Gottheit schon den
Wunsch gewähre.
Sie wünscht sich im Gesang so
zu verschönen,
Daß ihren Leib das
Flammenspiel entzünde,
Sie selbst in leisen hauch
sich bald verkläre.
1772 – 1829
Der Blume gleich, die sich zur
Sonne wendet,
Erhebt das schöne Haupt, so
sanft gebogen,
Von seidner Locken
Heil’genglanz umflogen,
Das Auge, das zum Himmel
Strahlen sendet.
Die edle Nase, die so
sinnreich endet,
Der hohe Mund, der glatten
Stirne Bogen,
Der Wange braun, von Röte
angeflogen,
Sie scheinen ganz nur Harmonie
vollendet.
wer sieht den Wurm an dieser
Blume nagen?
Wer ahndet nahen Tod so
schöner Hülle,
Die Schmerzen, die des Knaben
Herz umwinden?
Zerrissen in der Harmonien
Fülle,
Scheint mitleidsvoll der
stille Geist zu sagen:
Das Schönste muß, erscheinend
euch, verschwinden.
Die hellen Blitze hätten uns
geblendet
Des Auges, das kein Nebel noch
betrogen,
Wenn Anmut selbst den Umriß
nicht gezogen,
Und jedes Lächeln um den Mund
verschwendet.
Dem Himmel scheint der Mienen
Spiel entwendet,
Das, wie Musik enteilt, auf
schnellen Wogen,
Dem ird’schen Blicke oft zu
rasch entflogen,
Eh’ er dem Scherz die Freude
nachgesendet.
Wer sieht den Mund nicht leise
spottend fragen?
Wer wähnt, daß er dem Auge
sich verhülle?
Wer möchte dieser Stirn nicht
Kränze winden?
Ob sich nur Freude kindlich
hier enthülle,
Ob zarte Geister neckend
selbst sich plagen,
Darauf wird keiner wohl die
Antwort finden.
1772 – 1829
Die hohen Augen werden mich
verzehren,
Maria, große Mutter, ach
verschone!
Verbirg das lichte Haupt, die
Strahlenkrone;
Wie soll ich sonst dem irren
Wahnsinn wehren?
Du selber, Heil’ge, mußt mich
Sanftmut lehren,
Daß schöner Tod, geweiht vom
ew’gen Sohne,
Am Kreuz der Liebe meine
Sehnsucht lohne.
Was ich beginne, muß die Glut
vermehren.
So blicke wieder und dann laß
mich sterben! -
Wie eilt’ ich schnell durch
dieser Erde Schwächen!
Früh oder spät muß alles so
verderben.
Aus Liebe einzig floß, was ich
verschuldet;
In Liebe will das Herz,
Madonna, brechen,
Des irre Liebe gnädig du
geduldet.
1772 – 1829
In Liebe
lebend streb’ und bilde Werke,
Verklär’
im Farbenglanz geliebte Leiden,
Und
mal’ in Liedern, die kein Licht beneiden,
Des
Feuers Schönheit, das dich ewig stärke.
Nun
wisse, daß ich mich verschwinden merke.
Die
Liebe will, ich soll vom Leben scheiden,
Der
Freude Heimat mußt’ ich lange meiden,
Berauschend
raubt Musik die letzte Stärke.
Mein
einzig Leben war, den Tod verschönen.
Der
andern tiefgefühlte Not beweinen,
War
sterbend Lust dem trostberaubten Herzen.
Und
weint dein Geist bei den zerrißnen Tönen,
So
werd’ ich selber dir alsbald erscheinen
Mit
leiser Stimme in den wilden Schmerzen.
1772 – 1829
O Lust, im Geist des Freundes
sich vertiefen,
gleich ihm zu werden, ihn wie
sich zu sehen,
Was er je sein kann, wissen
wie geschehen,
Die Welten klar geschaut, die
in ihm schliefen!
So viel Geheimes wir ans Licht
auch riefen,
Und achten nichts den Schmerz
der geist’gen Wehen,
Sein Erstes kann wohl nie der
Geist verstehen,
Schaut da verstummt in
unerforschte Tiefen.
So schlägt die zarte Liebe
selbst sich Wunden,
Der Freund auch scheint von
fern uns nur zu nahen,
Das Schönste dennoch arm dem
vollen Triebe:
Doch gleicht dem ersten Blick,
den wir uns sahen,
Der andre, als der höchste
Freund gefunden,
Das Licht des Ein’gen neu
verklärt die Liebe.
1772 – 1829
Mit schönen Kindern will wohl
jeder scherzen.
Doch wollt ihr euren Scherz zu
ernsthaft geben,
So wird die leichte Schönheit
leicht entschweben,
Und ihr der guten Kinder Gunst
verscherzen
Wünscht ihr der höchsten
Freude süße Schmerzen,
So müßt ihr nie gesättigt
strebend leben,
Die Gabe hingegeben neu
erheben,
und kindlich tändeln mit den
zarten Herzen.
Das Scherzen mit dem Scherz
ist was sie suchen.
Man darf es ihnen wahrlich
nicht verdenken;
Es hat der Ernst zu weit
Besitz genommen.
Zwar soll der Mensch nur was
er kann versuchen,
Doch sollten alle billig wir
bedenken:
Aus einem Scherz ist aller
Scherz gekommen.
1772 – 1829
So ist der Rednerlippe spott
entflossen,
daß wir unendlich am Geliebten
hangen,
Den höchsten Rausch schon
fühlen im Verlangen,
Der Lust nicht schnell
entfliehn, wenn sie genossen?
Kennt ihr den hohen Ernst im
Scherz verschlossen?
Versteht ihr das Erröten
junger Wangen?
Oft muß die Frau an dessen
Brust ja bangen,
Für den sie gern die Seele
hingegossen.
Zerflossen ist der Geist im
süßen Feuer,
Doch gleicht die reine Lust
der weißen Lilie,
Scheut nicht den Blick der
göttlichen Aurora;
Die Erde wird zum Garten der
Familie,
In Liebe alles Leben schön und
teuer,
Die kühnsten Freuden dann des
Himmels Flora.
1772 – 1829
Ein Zaubergarten
liegt im Meeresgrunde;
Kein
Garten, nein, aus künstlichen Krystallen
Ein
Wunderschloß, wo blitzend von Metallen,
Die
Bäumchen sprossen aus dem lichten Grunde;
Kein
Meer, wo oben, seitwärts, in die Runde,
Farbige
Flammenwogen uns umwallen,
Doch
kühlend, duftend alle Sinne allen
Entrauben,
süß umspielend jede Wunde.
Nicht
Zaub’rer bloß von diesen Seligkeiten,
Bezaubert
selbst wohnet, zum schönsten Lohne,
Im
eignen Garten selig selbst der Meister;
Drum
sollen alle Feen auch bereiten
Des Dichterhimmels
diamantne Krone,
Dir,
Calderon! du Sonnenstrahl der Geister.