Sibylla Schwarz

1621- 1638

Ach / Amor / nimb dein schwäres Joch von mir /
kans müglich seyn / nimb wegk die Liebes Plagen /
dein Joch ist schwer / drümb kan ichs nicht mehr tragen /
du bist zu süß / drümb klag ich über dir.


Nimb wegk die Last / sie unterdruckt mich schier:
was sol ich doch vohn deinen Pillen sagen /
die bitter sind / und doch mir wohl behagen?
Ich steh und geh im Zweiffel für und für:


wo sol ich hin? Im fall ich bin allein
so denck ich nuhr: Ach möcht ich bey Ihr seyn!
bin ich bey Ihr / so steht mir vohr das Scheiden;


liebt sie mich dan / das ich so sehr begehr /
so ist mir doch die Süßigkeit zu schwär;
Ich will den Tod wohl für die Liebe leiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Ach wiltu mich verlassen /
O liebste Galate?
du meinst / die ich nicht seh /
die müß ich auch fort hassen;


Nein / ich lieb solcher massen /
daß ich für dich vergeh /
und schmeltze / wie der Schne /
den Phebus pflegt zu fassen.


Du bist mein Freud und Wonn'
und meines Hertzens Sonn'!
Ach sih' / ich bin ergeben


dem / das du wenig liebst /
und darüm mich betrübst /
dem losen Venus Leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Cloris / deine rohte Wangen /
deiner Augen helles Licht /
und dein Purpurangesicht
hält mich nuhn nicht mehr gefangen.


Ich kan nicht mehr an dir hangen /
weil du dich erbarmest nicht /
ob mir schon mein Hertze bricht;
deiner schnöden Hoffart Prangen /


und dein hönisches Gemüht
krencket mir mein jung Geblüht /
daß ich dich wil gerne meiden /


wan mich meine Galate /
die mir macht dis süße Weh /
wil in ihren Diensten leiden.

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Die Lieb' ist billich ja in allem keusch zu schätzen /
sie ist das Guhte selbst; wer ihr sich gantz ergiebt /
der wird geliebt / und liebt / der liebt und wird geliebt /
er kan sich ewiglich mit süßer Lust ergetzen /


zu letzt entkompt er auch des Todes grimmen Netzen /
und lebt noch einst so lang / er wird gahr nicht betrübt /
weil er die Frewde hat; im fall er Lieben übt /
kan ihn das Unglück auch zu keiner Zeit verletzen /


er lebt in wahrer Ruh / in stehter Einigkeit /
darff nicht zu Felde ziehn / er führt den süßen Streit.
Wem wil dan nicht dis Tuhn / diß süße Tuhn gefallen /


das uns wie Brodt ernehrt? der muß ein Unmensch seyn /
der stirbet / weil er lebt / er ist ein Klotz und Stein /
er ist ein höltzern Bild / sein Hertz ist vohn Metallen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Die Lieb ist blind / und gleichwohl kan sie sehen /
hat ein Gesicht / und ist doch stahrenblind /
sie nennt sich groß / und ist ein kleines Kind /
ist wohl zu Fuß / und kan dannoch nicht gehen.


Doch diss muß man auff ander' art verstehen:
sie kan nicht sehn / weil ihr Verstand zerrint /
und weil das Aug des Herzens ihr verschwindt /
so siht sie selbst nicht / was ihr ist geschehen.


Das / was sie liebt / hat keinen Mangel nicht /
wie wohl ihm mehr / als andern / offt gebricht.
Das / was sie liebt / kan ohn Gebrechen leben;


doch weil man hier ohn Fehler nichtes find /
so schließ ich fort: Die Lieb ist sehend blind:
sie siht selbst nicht / und kans Gesichte geben.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Ist Lieb ein Feur, und kann das Eisen schmiegen,

bin ich voll Feur, und voller Liebes Pein,

Wohrvon mag doch der Liebsten Herze sein?

Wanns eisern waer, so wuerd es mir erliegen,

 

wanns guelden waer, so wuerd ichs koennen biegen,

durch meine Glut; solls aber fleischern seyn,

so schliess ich fort: Es ist ein fleischern Stein:

doch kan mich nicht ein Stein, wie sie, betriegen

 

Ists dann wie Frost, wie kalter Schnee und Eis,

wie presst sie dann aus mir den Liebesschweiss?

Mich deucht: Ihr Herz ist wie die Lorberblaetter,

 

die nicht beruehrt ein starker Donnerkeil,

sie, sie verlacht, Cupido, deine Pfeil;

und ist befreit fuer deinem Donnerwetter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Itzt will ich in den Wald / und mit Dianen jagen!
Ich lieb' / und das ich lieb / gefält mir selber nicht;
dann Lieb' ist solch ein Tuhn / das alles guhte bricht /
mein Elend ist zu groß; Ich muß mich damit plagen /


das mein Gewissen krenckt / und stets Verlangen tragen
nach dem / das mir nicht wird: die böse Liebes Gicht /
die grimme Tobessucht / hat mich so zugericht /
daß ich nicht ich mehr bin; Itzt will ich ihr entsagen /


so viel ich immer kan / dan ungegründte Trew
läst nimmer friedsam seyn / und bringt zu späte Rew;
Sie ist ein fressend Fewr / und frisst sich nimmer satt /


ist blind / ist Wind / und brent / ist ein Verderb der Jugend /
sie ist ein guhtes Bös' und lasterhaffte Tugend;
doch sey sie / wie sie wol / mich macht sie faul und matt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Ist Lieben keusch? wo kompt denn Ehbruch her?
Ist Lieben guht / nichts böses drinn zu finden /
wie kann sein Feur dan so gahr viel entzünden?
Ist Lieben Lust / wer bringt dan das Beschwär?


Wer Lieben liebt / fährt auff der Wollust Meer /
und lässet sich ins Todes Netze binden /
das nicht zerreist / er lebet nuhr den Sünden /
liebt Eitelkeit / und ist der Tugend leer.


Das ewig lebt / dem stirbt er gäntzlich ab /

sieht seine Noht erst / wan er siht sein Grab.
Wer dan nuhn wird in Liebes Brunst gefunden /


der fliehe bald / und hasse / die er liebt;
ist Lieb ihm süß? so werd er drümb betrübt;
ist sie sein Brodt? so geb er sie den Hunden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Lieben ist nicht müßig stehen /
Lieben lauffet Tag und Nacht;
ein verliebet Herze kracht /
und wil fast vohr Müh vergehen.


Liebe wird nicht faul gesehen /
Lieb' ist / wen sie schläfft und wacht /
auff der Liebsten Gunst bedacht /
sie läst alle Winde wehen /


nichts mag ihr beschwärlich seyn
als die schwäre Liebespein;
Lieben kan man Mühe nennen /


Amor ist ein feurig Joch /
und zu weilen laulecht doch /
sonsten würd eß viel verbrennen.

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Liebe schont der Götter nicht,

sie kann alles überwinden,

sie kann alle Herzen binden,

durch der Augen klares Licht.

 

Selbst des Phöbus Herze bricht ,

seine Klarheit muß verschwinden,

er kann keine Ruhe finden,

weil der Pfeil noch in ihm sticht.

 

Jupiter ist selbst gebunden,

Hercules ist überwunden

durch die bittersüße Pein;

 

wie dann können doch die Herzen

bloßer Menschen dieser Schmerzen

ganz und gar entübrigt sein?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Mein Alles ist dahin / mein Trost in Lust und Leiden /
mein ander Ich ist fort / mein Leben / meine Zier /
mein liebstes auff der Welt ist wegk / ist schon vohn hier.
(die Lieb' ist bitter zwahr / viel bittrer ist das Scheiden)


Ich kan nicht vohn dir seyn / ich kan dich gantz nicht meiden /
O liebste Dorile! Ich bin nicht mehr bey mir /
Ich bin nicht der ich bin / nuhn ich nicht bin bey dir.
Ihr Stunden lauft doch fort / wolt ihr mich auch noch neiden?


Ey Phoebus halte doch die schnelle Hengste nicht!
fort / fort / ihr Tage fort / komb bald du Monden Licht!
Ein Tag ist mir ein Jahr / in dem ich nicht kan sehen


mein ander Sonnenlicht! fort / fort / du faule Zeit /
spann doch die Segel auff / und bring mein Lieb noch heut /
und wan sie hier dan ist / so magstu langsam gehen.
 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

O Möcht ich itzt doch schön vohn deiner Schönheit singen!
O Edle halb Göttin! dann deine hohe Zier
scheint wie der Sonnen Licht / und nimpt mich selber mir.
Ich wil dein hohes Lob ans Dach des Himmels bringen /


da soltu durch den Neid und alle Missgunst dringen.
Dein schöner Augenglantz bricht wie die Sonn herfür /
dein Purpur Angesicht / und was noch sonst bey dir /
ist Göttlich üm und an / du kanst die Hertzen zwingen.


Dein Mund ist Rosenroht / die Brust Albasterstein /
du magst / O Galate / die andre Venus seyn /
das zeuget deine Zier / dein lieblich Sehn / dein Lachen /


du bist der Nimphen Zier; ein Weib / das einen Mann
so bald er sie anschawt / mit Liebe tödten kan /
ist deiner Schönheit Licht noch nicht einst gleich zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Wan alle Buhler doch nuhr hetten einen Fluht /
so würde Venus nicht so ungleich ihnen schencken
der süssen Liebe Lohn; sie würde noch gedencken /
was hertzlich lieben sey. Weil nuhn der dieses thut /


der ander aber das / der eine wagt sein Bluht /
der ander tuht es nicht / der eine wil sich lencken
zuhr Hoffnung und Gedult / und jener wil sich hencken /
so lohnt sie nach Verdienst: den trewen ist sie guht /


den falschen ist sie falsch / wie kan sieß anderst machen?
weil dieser klagt und weint / und jener pflegt zu lachen.
Ich bin vohm Lieben kalt / und brenn doch als ein Licht /


dan dis ist mein Gebrauch: Ich halte meine Schmertzen
nuhr still / und sage nicht fort alles auß dem Hertzen /
was wohl dahrinnen ist; Ich lieb und lieb auch nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Wans fragen gelten solt / so möcht ich billich fragen:
wer bringet mir mein Leid? wo rührt mein Lieben her?
mein Lieben / das mir ist ein liebliches Beschwär:
Cupido / bringest du mein Herz in solche Plagen?


so wil ich über dich und deinen Bogen klagen;
kompt aber dis mein Feur mir etwan ungefehr /
hat derer Tugend schuld / die da ist mein begehr /
wie kan ich doch alsdan vohn Venus Rencken sagen?


Ist Amor nicht so starck / daß er mein Hertze rührt /
so hat die Charitas mich an dis Joch geführt.
Mein Lieben hat die Art der Buhler angenommen /


drümb bringt eß Amor auch; doch das wil mir nicht ein /
weil ich und du / mein Lieb / nuhr guhte Freunde seyn /
wo doch sey immermehr die Freundschafft hergekommen?

 

 

 

 

 

 

Sibylla Schwarz

1621- 1638

Hier hab ich nun mein sehnliches Verlangen:

Hier liegt mein Lieb/ hier liegt mein ander ich:

Hier giebt das Glück sich selbst gefangen mich:

Hier mag ich nun mein Lieb vielmahl umfangen.

 

Hier mag ich nun auch küssen seine Wangen:

Cupido hört mein Klagen inniglich/

Und will nun auch so hülffreich zeigen sich;

Nun mag ich wohl mit meinem Glücke prangen.

 

Die Venus zeigt mir iezt ein guhtes Ziel/

Ich will nur selbst/ nicht was ich gerne will;

O Blödigkeit/ du must nur von mir weichen!

 

Weil du hir bist/ wärt meine grosse Pein;

Wer lieben will/ mus nicht so blöde seyn/

Sonst kann er nicht der Liebe Lohn erreichen.

 

 

 

Sibylla Schwarz                              Hochzeit Gedicht

1621- 1638

 

Der Himmel gönnet Euch/ Ihr lieben/ Ewre Lust/

warum dan sollten wir/ nicht frölich itzt erscheinen/

und frewen uns mit Euch/ eß will euch nicht verneinen

die Venus ihre Frewd/ die mir noch unbewust;

 

Die Sonne scheinet hell/ die Schaffe frewen sich;

Wir können mehr nicht ruhn/ alß wündschen euch von Hertzen/

was Ewer Herze will/ und wann ihr dann ohn Schmerzen

in stetter Frewde lebt/ so dencket auch an mich.

 

So dencket Jungfrau Braut/ waß euer Faunus machet/

der traurig frölich ist/ und gleichsam weinend lachet/

Gedenkt an Euren Freund/ gedenkt an seine Noht!

 

Wer hette doch gehofft/ wer hette durfften sagen/

daß ein getreuer Sinn gelohnet wird mit Plagen/

Nun/ nun gehabt Euch wohl/ und denkt an meinen Todt.