August Ernst Freiherr             Sonett

von Steigentesch

1774 – 1826                                        Froh und ruhig lebt ich und Amande,

Unsern Freuden wohnte Amor bei.

Frohsinn knüpfte bald der Eintracht Bande,

Flattersinn riß dieses Band entzwei.

 

Ich bewies mir selbst, daß Knechtschaft Schande

Und die Freiheit groß und göttlich sei.

Launicht trotzt ich, lächelnd floh Amande,

Und ich weinte, denn ich wurde frei.

 

Einsam ging im Schatten junger Flieder

Einst Amande, wo ich weinend lag,

Und sie nickte freundlich: Guten Tag!

 

Ich sah auf, sie sah zur Erde nieder.

Schüchtern naht ich, liebte, küßte wieder –

Werde frei, wer elend werden mag!

 

 

 

August Ernst Freiherr             Widerspruch der Liebe

von Steigentesch

1774 – 1826                                        Die Sonne sank, und Philomenens Lieder

Verhallten sanft im jungen Blütenhain,

Amanda fiel in ihre Lieder ein

Und Echo sang sie an der Quelle wieder.

                                                           

„Dein Lied spricht Schwermut,“ rief ich; „diese Hyder

Besiegt ein Kuß – o lerne glücklich sein!“

Sie sah beschämt auf ihren Busen nieder,

Sie sang nicht mehr und schüchtern sprach sie: „Nein.“

 

Der Vollmond war am Hügel aufgegangen,

Im Nebel lag die stille Schöpfung da,

Mein Herz schlug laut und ihrem Herzen nah.

 

„Soll Treue,“ seufzt ich, „keinen Lohn empfangen?“

Ihr Blick war sanft und röter meine Wangen,

Ich küßte sie – und zitternd sprach sie „Ja!“