1796 – 1882
Ein kluger Apotheker fand
Ergötzen,
Gebilde seltner Art, von
Pflanzen, Tieren
Und Mißgestalten, schön zu
präparieren;
Die Monstra dann in Spiritus
zu setzen.
Mit Staunen sieht man unter
edlen Schätzen
Skurrile Mumien seine Hallen
zieren.
Zur Labung doch beim einsamen
Hantieren
Mag er an Liquour selbst sich
manchmal letzen.
Da kreist’s und klingt’s um
ihn, die toten Fratzen
Gewinnen Leben, und vom tollen
Zeuge
Ist Schönes, Wahres nicht zu
unterscheiden.
Es reden Wurzeln, Flöhe,
Hunde, Katzen,
Melodisch an der Wand die alte
Geige
Singt ihre Wonnen drein und
ihre Leiden.
1796 – 1882
Ein Urgebirg’, stehst du vor
meinen Blicken,
Das heil’ge Haupt in
Himmelsregionen,
Und reifst die Frücht’ und
Blüten aller Zonen,
Mit jedem Duft und
Wohlgeschmack zu beglücken!
Wenn Veilchen deinen Fuß und
Eichen schmücken;
So ragen weiter Pinien und
Zitronen,
Und zwischen deines Gipfels eis’gen
Kronen
Kann man der Alpen Wunderrosen
pflücken.
Nährende Ströme sendest du ins
Weite,
Hegst Wild in Forsten, Herden
auf in Triften
Und birgst der Erze Hort in
deinen Klüften;
Stehst ruhig bei der Stürme
wildem Streite,
Auf dir wird, wenn der Weltflut
Wogen branden,
Einst noch die Arche wahrer
Freiheit landen.
1796 – 1882
Fahr hin, ergrimmter Blitz,
mit deinen Flammen!
Willkürlich wähnt der Tor dein
Zauberlicht,
Fahr nieder, daß es prasselt,
brennt und bricht,
Und schlag die Eulennester nur
zusammen.
Du klärst die Luft, wer dürfte
dich verdammen?
Und wann es auch von Schwefel
etwas riecht,
Uns schreckt der Beigeschmack
von Teufel nicht,
Wir wissen, daß von Gott die
Blitze stammen.
Der kleine Jude! näselt das
Gespötte.
Was Jud’, was klein! Der Geist
schreibt die Gesetze,
Verstand und Witz sind deine
blanken Waffen,
Sie überdauern alle Bajonette;
Gefühl und Phantasie sind
deine Schätze.
Rothschild vermag nicht
reichere zu schaffen.
1796 – 1882
Was braucht man nicht
ätherisch zu empfinden:
Die Sonnen und die Monde
weinen,
Es strotzt von Nachtigalln,
Zitronenhainen,
Springbrunnen, Masken,
Doppelgängern, Blinden.
Daß alle Erdenschlacken nur
verschwinden,
Strebt man die armen Mädchen
auszufeinen,
Daß, hielte sie der Witz nicht
an den Beinen,
Sie ärostatisch schwebten in
den Winden.
Doch sind wir durch den Trödel
erst gedrungen,
Steht eines Greises würdige
Gestalt,
Von einem Engel liebevoll
umschlungen,
Wie schöner ihn kein
Sterblicher gemalt,
Vor unserm Blick; der Weisheit
Sprüche klingen,
Und heil’ge Liebe regt die
Ätherschwingen.
1796 – 1882 (Judith,
Kap. 13, V. 9)
Auch ich war eine von den
stillen kleinen,
Auch meine Seele hat in
Schmerz geschwommen,
Wenn einer Taube ich das Licht
genommen,
Auch ich war von den Zarten,
von den Reinen.
Was mußte Ungeheures sich
vereinen,
Bis ich um alle Milde so
gekommen,
Bis des Entsetzens Gipfel ich
erklommen,
Daß Menschenmord mir Wollust
kann erscheinen.
Und doch, ihr Schwestern, hat
es sich begeben,
Ja, alle Güter konnt’ ich
d’rum verschwenden,
Die mir das Höchste sonst und
Schönste galten;
Unschuld und Schönheit, selbst
das junge Leben,
Nur um in diesen
grau’ndurchzückten Händen
Als Preis des Feindes blut’ges
Haupt zu halten.
1796 – 1882 (Judicum,
Kap. 16, V. 18-22)
Es kann nicht sein, du hast
mich nicht betrogen,
Rief ich, als wild des
Schlafes Thore sprangen,
Als in der Hand, die liebend
ich umfangen,
Die Lock’ ich sah, die mir
geraubte, wogen;
Rief es, als schon in meiner
Augen Bogen,
Von Schreck gespannt, der
Feinde Eisen drangen,
Ja, rief es noch, als über
meine Wangen
Zu ew’ger Nacht die blut’gen Ströme
zogen.
So unantastbar war an dich
mein Glauben,
So fest hing ich an deiner
Treue Schwüren,
Die du mir brachst so gräßlich
und so schnelle;
Und noch soll nichts dein
reines Bild mir rauben,
Mit in die Nacht will ich’s
hinüberführen,
Daß ein Gestirn das Dunkel mir
erhelle.
1796 – 1882 (1.
Samuelis, Kap. 28.)
Entsagt’ ich auch den
nächt’gen Geisterschauern,
Da Lieb’ und Lust das Leben
mir versprochen:
Soll doch, da schnöd’ es
seinen Eid gebrochen,
Auch mein Gelübde kindisch
nicht mehr dauern;
Beschwörend streck’ ich ob des
Grabes Mauern
Die Lilie aus, die mir der
Schmerz zerstochen,
Wohl ist mein Herz, mein Muth
ist nicht gebrochen,
Ich kann mit Lust auf das
Entsetzen lauern.
Steig’ aus der gruft, du moderndes
Gerippe,
Von dir kann ich den Fluch
gelassen hören,
Der mich empört auf holder
Lebenslippe;
Dir kann ich kalt den
gräßlichen erwidern,
Und keine Rührung wird den
Vorsatz stören,
Da Liebe floh, dem Tod mich zu
verbrüdern.
1796 – 1882
Der Jäger dringt unmuthig
durch die Zweige
Und lagert sich zur Rast auf’s
weiche Moos;
Doch seine Hand läßt das
Gewehr nicht los,
Ob dennoch sich vielleicht ein
Wild noch zeige.
Da naht die Sennin auf dem
schmalen Steige,
Setzt sich zu ihm, spricht
wenig, lächelt bloß,
Doch in dem klaren Auge, blau
und groß,
War’s grad’, als ob sich ihm
der Himmel neige.
Verwandelt ist sein Sinnen und
sein Trachten,
Gebändigt ist in ihm der trotz’ge
Riese
Und seine Seele füllt ein
süßes Schmachten.
Da liegt die Flinte, und der
schönste Hase
Im nahen Busche, wie im
Paradiese,
Spielt ungefährdet, wohlgemuth
im Grase.