1619 – 1689 Wollgebornen
Fräwleins Fr. Gottlieb (von Sparr) an Dero
Freyherrliche,
höchst-betrübte Eltern und Geschwister
1639
Indem ich plötzlich muß vor
meiner zeit verblassen,
Vnd von der Erden ziehn, solt
ihr nicht für und für,
Ihr liebsten, trawrig sein.
Denn wann recht nach gebühr
Mein Hintrit wird erwegt, so
könt ihr daraus fassen,
Daß Gott für andern Mich ihm
hat gefallen lassen.
Dieß ist des Höchsten Gunst und
Liebe gegen mir,
Die Er hierdurch bezeugt. Was
ist dieß Leben hier?
Ein Weg zur Ewigkeit, durch
dessen änge gassen
Wir erst zum Leben gehn: ein
Meer vnd schneller Fluß
Drauff vnser Schiff, der Leib,
nach Hause ziehen muß.
Woll dem, der also sich auff dieses
Meer kan geben,
Daß seine Segel stets mit
vollem Winde gehn,
Vnd er in Kurtzen mag am
sichern Hafen stehn,
Vnd nicht darff mit gefahr
lang’ in den Fluten schweben.
1619 – 1689 Tönniessins Hochzeit
1648
Der rauhe Herbst ist hier: der
Winter wird sich finden.
Wie habt Ihr, Edles Par, es
doch so wol bedacht.
Daß Ihr Euch untererfft der
Liebe starcken Macht,
Und Eure Hertzen laßt durch
diese Flamm’ entzünden!
Die angenehme Lust deß Sommers
mag verschwinden:
Der Felder schöne Zier, der
Garten edle Pracht,
So uns bisher ergetzt, mag
geben gute Nacht;
Ihr werdet doch bey Euch den
Sommer stets empfinden.
Zeucht gleich die Sonn’ itzund
die Krafft der Strahlen ein:
Bey Euch wird dennoch Hitz’
und lauter Sonne sein.
Liegt alles gleichsam todt;
bey Euch wird alles leben.
Muß alle Blumen-Lust; muß Laub
und Graß vergehn;
So bleibet Ihr doch stets in
voller blüthe stehn,
Und werdet mit der zeit
gewünschte Früchte geben.
1619 – 1689
So ist sie denn dahin? Verläst
sie denn das leben,
Vnd gehet aus der Welt, in dem
der Kranckheit macht
Euch, werther Herr, so weit
bißhero hat gebracht,
Daß Ihr viel eh den Geist
gedräwt habt auffzugeben?
Den Geist, der niemals hat
hienieden können kleben,
Der alle nichtigkeit
vernünfftig hat verlacht,
Vnd einig nur auff das, was
Himmlisch ist, gedacht,
Vnd zwischen Sonn vnd Mond ohn
ende wollen schweben.
Es ist geschehen, ja. Gott geb’
Ihr sanffte ruh,
Vnd setzt’ Euch Ihre Jahr vnd
lebens-zeiten zu!
Herr, der berühmte Nahm’ vnd
hochheit Ewrer sinnen
Macht, ob wir wol verstehn,
wie grosse Herrligkeit
Vnd vngefälschte lust Euch
droben ist bereit,
Daß wir dem Himmel Euch so
früh nicht mögen gönnen.
1619 – 1689
Es ist gantz vmbsonst! Kein
mittel kan erweichen
Des Todes grawsamkeit! Wir
bildeten vns ein,
Es würde gnug dem Tod’ an
seiner Beute sein:
Doch konten wir die Grufft mit
Ihr noch nicht erreichen
Da musten wir auch Euch, Herr
Krüger, sehn verbleichen,
Vnd aus dem Leben ziehn. O
vnverhoffte Pein!
O vberhäufftes Leid! Ist
dieser schlechte Stein
Bestimmt zu Ewrem Hauß’ vnd einem
Grabes-Zeichen?
Hier werdet Ihr verseucht.
Doch Ewer ruhm verbleibt
Der grawen Ewigkeit durch
Schrifften einverleibt.
Herr, der berühmte Nahm’ vnd hochheit
Ewer sinnen
Macht, ob zwar vberal der
merckliche verlust,
Den Ewer hintrit bringt,
genugsam ist bewust,
Daß Euch der Himmel vns nicht
länger mögen gönnen.