Gabriella Wollenhaupt           Am Fluß Acheron

 

Türkissanft und vogelwild, geht auf und nieder.

Die Wasser tief, die Boote meereswindig kratzen.

Ich lecke Luft und Salz, schmeck totgefetzte Katzen.

Am Schnittpunkt mit der See wird alles wieder,

 

So herrisch laut und überwerfend klar im Schweben.

Die Brise schaut mich an: Nicht Beifall mir zu zollen

Beim Spiel mit Worten, die nicht schwimmen wollen.

Ich lecke Luft und Salz, schmeck kleinzerhacktes Leben.

 

Die Worte flüchten und die Sätze tarnen sich als Schwingen

Mit Lorbeerduft und schwarzem Blut aus dürren Tagen.

Der Fährmann sagt: DU wirst den Höllenhund bezwingen,

 

Jetzt folg mir übern Acheron, Persephone, hör auf zu klagen.

Mir fehlt der Obolos, sag ich, die Styx wird mich verschlingen.

Er sagt: Dein Leben WAR der Obolos – so kannst du’s wagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Amor an Petrarca

 

Hab Pfeile noch und noch auf dich verschwendet,

Doch du hast leider nichts daraus gelernt.

Hab meine allerletzte Kraft für dich verwendet,

Doch deine Königin hat sich von dir entfernt.

 

Statt sie zu fragen, ob sie mit dir ginge,

Hast du gejammert in vollendeter Sonettenform.

Die Frau – mein Bester – stand auf andere Dinge

Als trockne Lorbeerkränze in gestelzter Norm.

 

Sie wollt’ ihr Blondhaar mit Kamille waschen,

Die du ihr jeden Tag beschaffen solltest,

Und shoppen mit Dukaten in den Taschen.

 

Sie mocht’ ihn nicht, den lauen Sex, den du ihr zolltest.

Da konnten auch Canzonen nicht mehr überraschen.

Sie nahm den Mann von gegenüber, und du grolltest.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Petrarca an Amor

 

Verdammt, hast mich genug gequält

Mit deinen vielen Bogenschüssen

Ich hab den Lorbeer nicht gewählt

Würd’ lieber rote Rosen küssen.

 

Mia Donna ist mir längst egal

Sie ziert sich jetzt schon 20 Jahr

Doch bei Sonetten zählt nun mal

Die schwarze Liebe – ist doch klar.

 

Hätt ich mit Laura rumgemacht

Könnt ich doch keine Verse schreiben.

Ich müsst sie lieben jede Nacht,

 

Mich würde nur die Wollust treiben,

Und nichts, was echten Ruhm ausmacht.

Ach, Amor, lass das Schießen bleiben!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Dein Turm ist hoch

 

Dein Turm ist hoch, dein Blick kann Weite pflegen

Siehst grüne Felder voller lyrischer Gesträuche,

kennst ganz genau die untauglichen Gebräuche

Der Menschen, die da unten ihre Verse hegen.

 

Sie pflanzen ihre Worte an die falschen Stellen

Und düngen sie mit nichts als ihrem Mut...    

Und finden das, was blüht, dann auch noch gut

Damit kann man schon ziemlich dich verprellen.

 

Doch manchmal, wenn du oben sitzt – du weiser Mann,

Dann hast du plötzlich Lust, die Fenster einzuschlagen.

Die Tür zu brechen, um fröhlich aufs Poetenfeld zu ziehen!

 

Du weißt ja, dass der Wind da unten heftig wehen kann?

Auch deshalb ist es ja so schwer, es auch zu wagen!

Und einmal unten - kannst du niemals wieder fliehen...

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Ich bin allein

e-mail: frauausglas@yahoo.de

Ein Vogel träumte tief in meinem Leib.

Sein Herz war leise und so schwach,

Nur unsere Liebe hielt ihn wach.

Wir streichelten sein Federkleid.

 

In deinem Schweigen lag der Grund

Dass seine Augen nicht mehr jagten

Und andre Jäger es nun wagten

Auf ihn zu lauern Stund um Stund.

 

Mit Sehnen sucht ich ihn zu hegen,

Mein Herz sollt ihm kein Käfig sein

Er sollte frei sein und sich fortbewegen

 

Auf Sonnenstrassen in den Wind hinein,

Um Lorbeerküsse sachte abzulegen,

Die ich für dich geküsst. Ich bin allein.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Lust

e-mail: frauausglas@yahoo.de

Komm! Pack mich! Will nichts sein

Als nur dein Fleisch an meinem,

Mein Leib verklebt mit deinem!

Du bist wie kühler Bitterwein.

 

Komm! Küss mich! Deine Zunge

Mag doch das Rumschwarwenzeln

Und auch das kühne Inmirtänzeln.

Du wirkst wie Cannabis auf Lunge.

 

Ja! Schrei! Ich stopfe dir den Schlund

Mit schön erdachten Liebesschmerzen.

Du schmeckst nach wildem Hungermund.

 

Ich weiß! Das ist nach deinem Herzen!

Du stößt mich lachend in den Höllengrund

Und zündest deine startbereiten Nebelkerzen.

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Picknick im Bett mit meinem Liebhaber

 

die wilden spiele haben uns geschafft

jetzt sind die glieder müd geliebt

du schaust mich an und möchtest saft

von trauben, möglichst durchgesiebt

 

du sagst, wie kirschen seien meine lippen:

ganz frisch und immer wieder neu im rot

und in der nähe meiner zarten rippen

gab’s äpfel, wie sie gott im paradies verbot

 

du sagst, dass ich den wilden zauber hätte

von nelkenbäumen, die in südseeparadiesen

gleich neben orchideen um die sonne buhlen

 

mein süßer eros! liegst so mattgeliebt im rosenbette!

ich lass den roten wein in deinen nabel fließen

und trink ihn aus der schönsten aller kuhlen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Pizzaservice

 

Ich wähl die Nummer aus den gelben Seiten,

Weil mir der Hunger schon den Magen frisst,

Von Männern, die auf schnellen Rossen reiten,

damit die Lust auf Scharfes endlich stille ist.

 

Ich will die große Nummer Sechs:

Die brennt so schön in meinem Schlund

Die Nummer Zehn trink ich auf Ex:

Das ist was Kühles für den Mund.

 

Doch Helden, die zu spät ihr Ziel erreichen

Und dann noch nicht mal das Bestellte bringen

Die können weder Herz noch Hirn erweichen.

 

Mein Pizzaheld hat nämlich Mist gebaut.

Die Schachtel öffnet sich - und siehe da:

Drin liegt ein Nichts – noch nicht mal aufgetaut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Sonett an den Rio Tempisque

 

Schwarzbunte bläht in totem Wasser

Der weiße Vogel atmet noch soeben

Die Hitze wabert - wird noch krasser

Und lässt das dunkle Ufer beben.

 

Der Fluss rollt schwer - mit Ranken

Schimmernder Girlanden in der Mitte.

Beschwör’n sentimentalische Gedanken

Vom Endlichsein der Lebensschnitte.

 

Da fallen Schreie mutig in die Stille,

Der Fluss hebt überrascht sein Haupt.

Und in dir steigt der unzähmbare Wille,

 

Zu anderm Leben, das es dir erlaubt -

So wie den beiden Aras: Die Idylle

Zu schnappen und zu schlucken – ungekaut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Sonett an die sieben Todsünden

 

Der Stolz ist stolz die Nummer Eins zu sein

Im Kabinett der furchtbar bösen Sachen,

Die Gott im Himmel wenig Freude machen.

Der kriegt die Wut und lädt die Trägheit ein,

 

Dem Neid ’nen harten Schlag zu geben

Damit die Wollust Geiz besiegen kann.

(Gott ist ja schließlich nur ein Mann)

Doch Trägheit ist zu schlaff zu überleben.

 

Es sagt die Völlerei - als siebte in der Rund

Der schrecklich tiefen Sündenfälle:

Wenn alles schief geht in der letzten Stund,

 

Der Weg gewiesen ist zur allerletzten Stelle...

Wirf Köstlichkeiten rein in deinen Mund

Und schick die anderen Sechs – verdammt noch mal - zur Hölle.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gabriella Wollenhaupt           Theatralisches Sonett am Abgrund

Kurz vor dem Selbstmord der Dichterin

 

Im Morgen, den die Göttin rosenfingerte,

Steig ich hinauf die Treppe zu dem Saal

Wo wilde Büsche warten auf dies erste Mal

Bei dem mein Leben mich verringerte,

 

Beim Fall nach unten. Tief und weich.

Zistrosen glühn und Thymian brennt

Ich habe Angst, denn niemand kennt

Den wahren Weg ins unbewußte Reich.

 

Der Abgrund lockt. Ich werfe meinen Kopf

Zurück, so dass die Wirbelknochen krachen

Ein Vogel kommt und lässt auf meinen Schopf,

 

Das Feuchte fallen - ich muss lachen.

Schnapp mir den Flieger für den Topf:

Muss mir Gedanken zu der Soße machen.