Graf von Würtemberg
1801 – 1844 Unglauben
herrscht jetzo in allen Zonen!
Nicht Stand, nicht Alter will
er mehr verschonen,
Im Hochgebirg’, wo stolze
Adler wohnen
Und wo im stillen Urwald
Köhler frohnen.
Ich fand ihn an des Meeres
wilden Riffen,
Da hat er mit dem Sturm sein
Lied gepfiffen,
Fand ihn in goldgeschmückten
Kirchenschiffen,
Manch stillen Klausner schon
von ihm ergriffen.
Sein Gift ist mir noch nicht
ins Herz gedrungen:
Drum hab ich frei auch dieses
Lied gesungen
Und gläubig mit dem Geist der
Zeit gerungen.
Uns fehlt ein blinder
unverzagter Glaube!
Ich liebe mehr den Falken mit
der Haube
Als die verscheuchte,
allzuwilde Taube.
Graf von Würtemberg
1801 – 1844 Mein
Vaterland, wie bist du doch zerrissen!
Was nützt dich deine Kunst,
dein vieles Wissen?
Wie haben deine Feinde dich
beflissen,
Zu reizen dich mit allen
Ärgernissen.
Du trägst ein Kleid von
achtunddreißig Farben,
Noch bluten deine Krieger an
den Narben,
Die sie im schlimmen
Bruderkrieg erwarben,
Und viele Tausend auf dem
Schlachtfeld starben.
Noch unbekannt bist du im
eignen Meere,
Hast keine Flotte, die für
dich sich wehre,
Und keine Flagge weht zu
deiner Ehre.
Doch Mut gefaßt! der Sturm hat
angeschlagen
Die Glocken der Geschichte!
Wer wird zagen?
Jetzt gilt es frisch zu
handeln und zu wagen!
Graf von Würtemberg
1801 – 1844 Ein
Gletscher hebt sich stolz am Himmelsbogen,
Der Wandrer sieht ihn glühn im
Morgenglanze,
Des Aethers Blau, der Duft der
Alpenpflanze,
Hat zaubernd ihn dem Gipfel
zugezogen.
Bald hemmt den Pfad ein Meer
von Riesenwogen,
Von jäh erstarrten bei der
Urwelt Tanze,
Vergebens stürmt er fort von
Schanz’ zu Schanze,
Der Gletscher weicht, der
Wandrer ist betrogen.
So von Enttäuschung zu
Enttäuschung wandern
Die Menschen durch des Lebens
trübe Nacht,
Bis zu der großen dort – im
Todtenreiche.
Ein Zweifel thürmt sich riesig
auf den andern,
Bis sich zuletzt in einem
düstern Schacht
Die Phantasie verliert als
eine Leiche.