Alexander                               Unglauben herrscht jetzo

Graf von Würtemberg

1801 – 1844                                        Unglauben herrscht jetzo in allen Zonen!

Nicht Stand, nicht Alter will er mehr verschonen,

Im Hochgebirg’, wo stolze Adler wohnen

Und wo im stillen Urwald Köhler frohnen.

 

Ich fand ihn an des Meeres wilden Riffen,

Da hat er mit dem Sturm sein Lied gepfiffen,

Fand ihn in goldgeschmückten Kirchenschiffen,

Manch stillen Klausner schon von ihm ergriffen.

 

Sein Gift ist mir noch nicht ins Herz gedrungen:

Drum hab ich frei auch dieses Lied gesungen

Und gläubig mit dem Geist der Zeit gerungen.

 

Uns fehlt ein blinder unverzagter Glaube!

Ich liebe mehr den Falken mit der Haube

Als die verscheuchte, allzuwilde Taube.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alexander                              

Graf von Würtemberg

1801 – 1844                                        Mein Vaterland, wie bist du doch zerrissen!

Was nützt dich deine Kunst, dein vieles Wissen?

Wie haben deine Feinde dich beflissen,

Zu reizen dich mit allen Ärgernissen.

 

Du trägst ein Kleid von achtunddreißig Farben,

Noch bluten deine Krieger an den Narben,

Die sie im schlimmen Bruderkrieg erwarben,

Und viele Tausend auf dem Schlachtfeld starben.

 

Noch unbekannt bist du im eignen Meere,

Hast keine Flotte, die für dich sich wehre,

Und keine Flagge weht zu deiner Ehre.

 

Doch Mut gefaßt! der Sturm hat angeschlagen

Die Glocken der Geschichte! Wer wird zagen?

Jetzt gilt es frisch zu handeln und zu wagen!

 

 

 

 

Alexander                               Enttäuschung

Graf von Würtemberg

1801 – 1844                                        Ein Gletscher hebt sich stolz am Himmelsbogen,

Der Wandrer sieht ihn glühn im Morgenglanze,

Des Aethers Blau, der Duft der Alpenpflanze,

Hat zaubernd ihn dem Gipfel zugezogen.

 

Bald hemmt den Pfad ein Meer von Riesenwogen,

Von jäh erstarrten bei der Urwelt Tanze,

Vergebens stürmt er fort von Schanz’ zu Schanze,

Der Gletscher weicht, der Wandrer ist betrogen.

 

So von Enttäuschung zu Enttäuschung wandern

Die Menschen durch des Lebens trübe Nacht,

Bis zu der großen dort – im Todtenreiche.

 

Ein Zweifel thürmt sich riesig auf den andern,

Bis sich zuletzt in einem düstern Schacht

Die Phantasie verliert als eine Leiche.