* 1972
© beim Autor
Hiob 3
Wozu noch leben
Vergessen sei der Tag, wann
ich geboren!
Versunken auch die Nacht als
man mich zeugte!
Gott, mach daß sich ein Dunkel
auf mich beugte,
streich diesen Tag, und gebe
ihn verloren!
Die Zaubrer seien gegen sie
verschworen,
die Stunde, die als erste mich
beäugte,
die jubelnd kam und doch nur
Kummer säugte,
Ach, sei die Nacht verflucht,
wann ich geboren.
Ach, wär ich doch gestorben,
schon im Schoß
der Mutter, hätte ich doch
meine Ruhe,
so wie der Fürst und Ratsherr,
der einst reich.
Der Sklave ist dort seine
Knechtschaft los.
Der Böse tut mir nichts mehr
in der Truhe
zwölf Fuß unterm Gras. Dort
sind wir gleich.
Hiob 6+7
Aus mir spricht die
Verzweiflung
Wieg meine Leiden, Freund und
du gewahrst,
daß sie zu schwer sind, sie
als Mensch zu tragen.
Nur ungesalznes Brot füllt
meinen Magen,
Statt Weide sieht mein Gaul
nur harten Karst.
Ach, sag mir Gott, auf welchen
Tag du harrst,
Willst du den Grund für meine
Pein nicht sagen?
So hört’ mein Herz doch heute
auf zu schlagen!
das vor Schmerz und Kummer
brach und barst.
Die Menschen, wenn sie
sterben, gleichen Winden,
die sich in alle Richtungen
zerstreuen
und die Erinnerungen an mich
schwinden.
Ich werde meine Rede nicht
bereuen!
Bin ich aus Erz, Gott? Nimm
dies Leben hin,
statt mich zu quälen; es macht
keinen Sinn!
Hiob 12 + 13
Wenn ihr doch schweigen würdet
So ist’s! Was seid ihr doch
für schlaue Leute!
Ihr habt die Weisheit wohl
allen gefressen!
Doch etwas Geist ist mir noch zugemessen;
-
Womit verdiene ich euch
Spötter heute?
Der Scharlatan hat immer fette
Beute,
Der Frevler lebt in Frieden
gottvergessen,
Und wer von Eigensucht und
Ruhm besessen,
der sorgt sich nicht, was
Gottes Wort bedeute!
Fragt die Tiere; Seiner
Schöpfung alle
Kreaturen wissens: Gottes
Macht
bestimmt das Erdensein in
jedem Falle.
Ihr schweigt nun besser; Was
ihr vorgebracht,
hat einen Nachgeschmack von
bittrer Galle.
Verklagt mich nicht, Gebt auf
euch selber acht!
Hiob 15
Elifas: Kein Mensch ist
schuldlos
Kein Mensch kann sich an
Gottes Weisheit messen.
Deine Klage fällt auf dich
zurück!
Gab Gott dir nicht jahraus,
jahrein nur Glück?
Bestimmt hast du zuletzt den
Dank vergessen.
Warst du von eigner Güte nicht
besessen,
und den Gottesgaben selbst
entrückt?
Verklärtest du nicht heimlich
Stück für Stück,
was deine Gabe war, und welche
dessen?
Geh in dich, und du wirst
erkennen, Hiob,
daß du dir vor’m Herrn zu viel
anmaßest.
Gott sieht jeden Makel unsrer
Seelen.
Erinner dich, was du getan und
sieh ob
du nicht einen Sündenfall
vergaßest.
Gott wird nie in seinem Urteil
fehlen!
Verlassen und verhöhnt
Ich hab genug von eurem klugen
Schwätzen,
das kein Trost ist, nein, ihr
hebt die Nasen
eitel über mich und sprecht in
leeren Blasen.
Die Leute, die mich noch
verspotten, ketzen
würde ich, die helfen nicht,
nun hetzen
mich die Freunde selbst mit
ihren Phrasen.
Ihr an meiner Stelle würdet
rasen,
aber mein Rat würde nicht
verletzen.
Ich würde leise nur mein Mitleid
zeigen.
Womit verdiene ich euch
Schriftenklügler?
Das Leid ist nur dem Leidenden
zu eigen,
doch wie das Grillenheer der
Tausendflügler
umschwirrt ihr mich. Ihr
solltet besser schweigen
um euch vorm Herzen, statt
vorm Wort zu neigen.