ZaunköniG                                  Gläserrücken

* 1972

Wir aßen und tranken als du (hochnotpeinlich!)

mein Wasserglas (oder war’s Tee?) mitbenutztest

und grade das Glas angesetzt, schreckend stutztest,

du aufstandest und mir, im Übermaß reinlich,

 

mein Trinkgefäß mir wieder sorgfältig putztest.

Ich sagte noch etwas; Ich weiß nicht – wahrscheinlich:

„Ich bin in dem Punkt nicht so fürchterlich kleinlich.“

und wünschte mir nur, daß du mich so beschmutztest.

 

Doch heute, ich glaub es kaum, nimmst du dir endlich

mein Weinglas und nippst dran; ich staune und gucke:

Der Wechsel der Gläser ist offen erkenntlich!

 

Da nimmst du, weil’s schmeckt, dir nochmal ein, zwei Schlucke

und hältst es inzwischen für ganz selbstverständlich.

Und ich? Ich berausch mich am Wein – und an Spucke.

 

 

 

 

 

Sonette

 

 

 

ZaunköniG                                  Meine Muse

* 1972

Ich spür noch nach Stunden ihr Abschieds-Umarmen,

sowie jeden zarten Kontakt unsrer Blicke.

Gern hielt ich sie fester, bis daß ich ersticke

und zahlt ihre Blicke mit doppelt so warmen.

 

Doch zeigt sie mir deutlich, wie weit es sich schicke,

Sie mag’ mich wohl, doch will ich mehr als Erbarmen.

Aus Vorsicht darf ich sie nicht öfter umarmen;

zu kurz der Moment, als daß ich sie bestricke.

 

Mich läßt meine Muse nur Worte verrücken.

Ich schwärme des Nachts noch von andern Genüssen,

als sie für ´nen Wimpernschlag an mich zu drücken.

 

Ich werd in Genügsamkeit mich üben müssen.

Ich ziel’ daß auch andre Berührungen glücken,

Nur mag mich die Muse bis heute nicht küssen.

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Komplimente

* 1972

Ein Kosewort kommt mir nur schwer von den Lippen;

die kühnen, galanten, die Babies und Schätzchen,

die Rosen und Rehlein, die Bienen und Kätzchen

und Flammen und all’ diese Worte, die nippen

 

nur an ihrer Wahrheit im Dunkeln und tippen

mein Fühlen kaum an. All die zierlichen Spätzchen,

die Oftgutgemeinten sind haltlose Mätzchen

an dem was ich spüre, dicht unter den Rippen.

 

So kann ich nur hoffen, daß Dir auch mein Blick

für all das, was du gibst und mir bist, etwas dankt.

Ich danke dir für dein berühr’ndes Geschick,

 

an dem einfach ein jeglicher Wortmaßstab wankt.

Gesell ich dir doch mal ein Wort bei so schick’

ich vorweg dir vielleicht nur die Vorsilbe: Sankt!

 

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Die Gespielin

* 1972

 

I.

 

Ein Spiel um die Wahrheit, nun gut, laß uns spielen.

Wir kennen die Finten und Fluchten des andern,

und wie wir dem Schabernack Lust anverwandern,

das eignet sich herzlich nach Steinen zu zielen.

 

Wir können uns selber die Regeln erfinden,

so frei ist die Liebe, man muß wirklich staunen!

Was brütest du jetzt wieder unter den Braunen?

Ich seh was du denkst und ich will nicht erblinden.

 

Du kannst mir nicht weh tun, ich kann dich nicht hassen.

Die Liebe entzieht sich dem Rationalismus.

Ich möcht meine Absurditäten verprassen.

 

Vernunft gebiert uns immer nur Fatalismus.

Und scheint uns auch nichts inneinander zu passen,

so bleibt uns zumindest der Surrealismus.

 

 

 

II.

 

Wer sagt da, wir sei’n uns zu flüchtig verbunden?

Wer hält da für seinen Verstand Skeptizismus?

Ich proste ihm zu auf den Surrealismus!

Ich habe ihn sprachlos – und alles gewonnen!

 

Die Mystik schlug immer den Kopfkatechismus.

Was, ist dir denn etwa ein Zweifel geronnen?

Vernunft ist nur scheinbar so klar und besonnen.

Die Wahrheit ist größer als ein Aphorismus.

 

Am Rande die unleserlichen Vermerke;

Wir sichten die Seichten, wir kauschen die keuschen.

Besinnen wir uns auf die eigene Stärke.

 

Den Zwischenruf sticken wir unter Geräuschen.

Wir kennen die imaginären Gewerke;

Wir können uns Wahrheiten tauschen, statt täuschen.

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Der Spieler

* 1972

 

I.

 

Achte auf dich, daß du dich nicht zerstörst;

du solltest zurück, deine Mitte zu finden

und nicht deine Liebe dem Spieler verbinden,

dem Mann, den du in jedem Falle verlörst.

 

Du weißt, dieser Mann wird sich biegen und winden,

und daß du ihn nur in den Freiheiten störst.

Je öfter und mehr du die Liebe beschwörst,

desto sicherer wird dir der Liebste verschwinden.

 

Drum schalte auf Kopf um; du kannst ihm nicht trauen;

es kann dir kein Heil in der Opferung sein.

Und die Hoffnungen nur immer wieder zu kauen,

 

wird nichts hinterlassen als totes Gebein.

Dabei gibt es für dich so viel Schönres zu schauen;

Komm, sieh’ dich nur um, denn du bist nicht allein!

 

 

 

II.

 

Du ließt dich zum wievielten Mal von ihm kränken?

Nur halbgare, halbwahre Kosungen zähl’ ich.

Du ahntest es längst, doch nun fühlst du allmählich

den Fehler, dein Herz diesem Spieler zu schenken.

 

Nicht Dein unbedingtes Vertrauen war schmählich.

Nicht Du sollst die Augen beim Wiedersehn senken.

Woran man sein’ Stolz hängt ist gut zu durchdenken.

Die Fühlende, nicht die Verliererin wähl ich!

 

Du hast an dem Typ überhaupt nichts verloren.

Er war dir nur Trug und beständige Lähmung.

Er ließ dich allein für sein Selbstbildnis schmoren.

 

Ersticke dein Herz nicht, es reicht seine Zähmung.

Warum soll’n Gefühle der Scham an dir bohren?

Dich trifft keine Schuld und kein Grund zur Beschämung.

 

 

 

III.

 

Den leisen Abflug kannst du nicht gestatten;

Wie konnte er nur jemals bei dir landen?

Er zahlt’ dir deine Liebe nur mit Schanden;

mit nichts als Sprüchen, und mit allzu platten.

 

Dein Stolz kam dir zu Fall, doch nie anhanden.

Und Teuer soll er dir den Schmerz erstatten.

Die Scham sei ihm von nun sein steter Schatten!

Du hast ihm dein Gefühl nie ganz gestanden;

 

Er nahm die Liebe nur für Liebelei’n.

Der Kerl benutzte dich ganz unverfroren,

doch nenn ihm Dein Gefühl im Nachhinein.

 

Gib deiner Wut auf ihn die scharfen Sporen

und schenk ihm diesmal reinen Essig ein,

daß er erkennt, was er an dir verloren!

 

 

 

IV.

 

Sei Du wachsam, das Spiel um die Liebe ist ernst!

Wer nur hat dir das starke Gefühl eingehaucht,

für den Mann, der die Macht über dich nur mißbraucht,

denn was bleibt, wenn du jede Verletzung entfernst

 

deinem Leben? Es brennt lichterloh und verraucht.

Er benutzt und verletzt dich, bis du es einst lernst

es zurüchzuerstatten, sein’ Himmel entsternst,

an dem Du nur schnuppe, nicht sonnig auftauchst.

 

Also zähl 1 + 1, werde wieder gescheit;

Sieh, sein Himmel für dich ist nur luftleere Kälte.

Du weißt es im Grunde schon so lange Zeit,

 

daß er dich nur für Nichts um dein wertvollstes prellte.

Es bleibt nur zu hoffen, es kommt nie so weit,

daß der Typ dir die Liebe für immer vergällte.

 

 

 

V.

 

Wirf verbranntem Gefühl nicht noch mehr hinterher.

Deine Saat trifft dort nicht mehr auf fruchtbaren Boden.

treibt Hoffnung dir auf, wird er sie wieder roden.

Er liebt dich nicht wirklich und nicht ungefähr;

 

Er fühlt nicht mit Herz oder Kopf, sondern Hoden

und Sex will er nicht wirklich tiefer, nur mehr.

Bestätigung fühlt er, fühlst du dich nur schwer.

Er erntet die Lieben, doch säet nur mit Toden.

 

Er kennt alle Spruche und nutzt jede Masche.

Sein Zauber ist nichts, als ein billiger Trick,

doch er hat dich mit Fingerschnipp schnell in der Tasche.

 

Komm, öffne die Augen, dir zeigt jeder Blick;

von Dir bleibt wenn du weiterbrennst nichts mehr als Asche.

Er sucht keine Liebe, er will nur den Fick.

 

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Herzschläge

* 1972

 

I.

 

Man kann sich am Herzen so schmerzlich verschätzen.

Wir lernten es beide auf eigene Art.

Ich mußte dich noch nicht bereuen, doch hart

schlägt mein Herz, seh’ ich deines in Fetzen.

 

Du sagst, ohne dich blieb’ mir manches erspart?

Entferne dich nicht, um mich nicht zu verletzen;

dich sollten ganz andre Gefühle entsetzen.

Ich harre dem Tag, der dein Glück wieder klart.

 

Ich bin weder hieb- oder stichfest, mich trifft

jeder Blick, jedes Wort, dein verzweifeltes Klagen.

Zur Linderung zehre ich mit von dem Gift.

 

Du willst es nicht teilen, Du magst mich nicht schlagen...

Ich weiß, daß kein Schlag mich je vorsätzlich trifft;

Alles andere werde ich gerne ertragen.

 

 

 

II.

 

Hab’ ich dir zur Unzeit die Liebe gestanden?

Ich wollte nicht weiter ins Ungewiß schieben,

was mich manchen Tag, manche Nacht umgetrieben.

Wir sind, du und ich, doch nicht mehr Konfirmanden;

 

Du bist mir, du weißt es, nichts schuldig geblieben,

nur weil wir uns in falschen Umständen fanden.

Ich komme dir nicht so schnell wieder abhanden,

verstehe mich auch auf geduldiges Lieben.

 

Ich wählte dich anfänglich aus freien Stücken,

ging mit kleinem Tempo, ich hielt es für meines.

ich achtete spät auf den Weg, seine Tücken...

 

Nun droht mich mein eigenes Herz zu erdrücken.

Ich kann keine Ansprüche stellen: Nur eines:

Laß mich dir nur meine Gefühle ausdrücken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Der Fluch der Sirene

* 1972

Bemüh’ dich nicht für dich alleine zu singen,

du ahnst nicht zu wem du dein Liebeslied trägst,

welchem Herz du den Rhythmus , den Lebenstakt schlägst;

doch der selbe Wind wird dir einst Nachrichten bringen.

 

Und während du noch die Bedeutungen wägst,

zagt die Stimme, erstickt jäh dein selbstlautes Klingen,

doch kannst seine Wirkung nie wieder bezwingen,

da du jeder Welle ihr Klangmuster prägst,

 

bis sie irgendwo auf jemand Fühlenden stößt.

Wen der Ton trifft, der hebt keine Stimme dagegen;

zerflossen sein Wille, dem du eingeflößt

 

den Gesang, und in Trance schwimmt er dir leicht entgegen.

Du betest, daß sich keine Silbe mehr löst,

aber stumm wirst du dennoch die Lippen bewegen.

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Fallen

* 1972

Was mir so am Fließen und Fallen gefällt

ist die Lösung der Schwerkraft, ein leichtes Umspielen.

Kein’ Fang wünsch ich, nur, daß wir beide so fielen,

daß einer dem andern im Fallen verfällt.

 

Wir fallen mit Abstand, so wie’s sich verhält;

Ich halt daran fest, daß wir uns doch gefielen,

gefallen uns noch, und auch wenn wir nicht zielen,

so ahnt man, wohin jeder Wasserfall fällt.

 

Ich werde dir weiter und weiter verfallen;

kein Aufprall, kein Grund, der mein Fallen beweist,

denn ich bin kein Gefallner, durch eigenes Fallen:

 

Als ob ein Gefälle sein zweites umkreist,

aber dir letztlich gilt nur mein ganzes Gefallen,

Denn du bist mein Fallen und Quell der mich speist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ZaunköniG                                  Noch näher

© beim Autor

* 1972                                                              Ich habe nicht oft so geliebt und gelitten

(mir liegt aber auch sehr viel Glück auf der Waage).

Du stellst nicht von ungefähr immer die Frage,

was ich noch ertrage, doch glaub mir, inmitten

 

der Wirren, kenn’ ich sehr genau meine Lage.

Kein fleddern der imaginär’n Margeritten;

ich kann noch nichts fordern, doch muß ich dich bitten:

Nimm wörtlich, was ich immer ich über uns sage.

 

Vertraut ist dein Wort und ich kenn dein Gebahren,

ich ahne, wohin die Gedanken dir schweifen

Nicht immer -  doch sollst du mir vollständig klaren.

 

Ich mag es auch dir durch die Locken zu streifen,

will mit Herz und Hand Leib und Seele erfahren;

ich will dich doch näher, dich spür’n und begreifen.