ZaunköniG                           Sonette nach aufgegebenem Endreim

* 1972

© beim Autor                             Alte Heimat

(Aufgabe von Willi Schantel)

 

Man sieht ihn jeden Abend an der Pforte;
Er steht dort stumm, nur in Gedanken schreitet
er durch den Rosengarten und es weitet
sich ihm die Zeit. Beredt, doch ohne Worte

durchspürt er jeden Stein, vertraute Orte,
jedoch die Gegenwart ihm widerstreitet.
Ein kleiner Junge auf dem Besen reitet
das sind die Kinderspiele alter Sorte.

Auch heut verweigert er sich einem Schritt,
da Wehmut in ihm aufsteigt. Schon beginnt
die Dämmerung. Was ihm entgegentritt

bleibt unnahbar, wie hinter Glas. "Der spinnt"
ruft ihm ein Kind nach, andre lachen mit,
denn zu hermetisch wirkt er, wenn er sinnt.


 

 

Das neue Schuljahr

(Aufgabe von Karin Rohner)

Ob's 'ne Hyperbel ist oder Parabel?
Das sind für mich nur kurven auf der Leinwand.
Na klasse, das ist ja ein toller Einstand!
In Mathe gleich ne weitere Vokabel.

Mir bleibt der Dreisatz unbekanntes Land,
Naja, Geschichte ist noch ganz passabel,
da bleibt noch mancher Brocken auf der Gabel.
Auch Geo geht, ich kenne manchen Strand,

zum Beispiel Ibiza, der letzte Schrei!
Für andre Länder bin ich immer offen,
doch dieses triste Zahleneinerlei...

Für's Abi kann ich nur auf Gnade hoffen.
Auch meinem Vater bleibt das Zauberei;
Soll er mir helfen, guckt er nur betroffen...

 

 

 

 

Das Date
(Aufgabe von Oswald Köberl)


Mein lieber Schwan, war das ne geile Torte,
und in der Tat: hat die mich angeschaut!
Nicht dick, nicht dürr, im rechten Maß gebaut,
Na selbstverfreilich halt' ich ihr die Pforte.

Beredt dankt mir ihr Blick, doch ohne Laut
geht sie hindurch. Ich geb ihr die Eskorte.
Wir rauchen eine, aber das verdorrte,
vermutlich selber angebaute Kraut

kratzt kräftig, dafür schmeckt der Wein nach Seife.
Und bald setzt sich bei mir der Eindruck fest,
Vielleicht verklärt sie nur die Wasserpfeife.

Doch dieser Wein darauf gibt mir den Rest.
So führt die Schönheit endlich doch zur Reife,
daß man auch manche Lockung fahren läßt.

 

 

 

Wahre Freundschaft

(Aufgabe von Willi Schantel)

 

Wie heißt es treffend? Liebe macht uns blind!
Wenn daran nur ein Körnchen Wahrheit war,
so sei getrost; ich sehe wieder klar,
seitdem wir zwei nicht mehr zusammen sind.

Ich geb's ja zu; Was war ich für ein Rind!
Nun ist wohl diese Spezies nicht so rar,
doch gibt man unnötig sich in Gefahr,
so bringt dich schnell zu Fall ein leichter Wind.

Der wahre Freund des Menschen ist der Hund.
Wenn auch mein Herz für dich einst höher sprang,
so läßt der Hund mein Menschenherz gesund,

bleibt mir zur Seite gern auf jedem Gang.
Der Weg ist unser Ziel auf jedem Rund
und wahre Freundschaft hält ein Leben lang.

 

 

 

 

Das Buch

(Aufgabe von Ulrich Reinhardt)

 

 

Mysterienumwittert ist dies Buch;
poröser Siegellack gebietet Halt,
so als entspringe ihm gleich die Gestalt
der Sennerin, belegt mit altem Fluch.

Der Kopfschnitt glänzt trotz Staub noch silbrig kalt,
die Warnung es zu öffnen bleibt Versuch.
Das Mobiliar geschützt mit weißen Tuch
und ungenutzt rings wirkt gleich doppelt alt.

Dies Schauermärchen macht mir keine Angst,
klingt auch im Flur das Sennerinnenlied:
"Du armer Narr, wovor du dich so bangst,

ereilt dich auf ganz anderem Gebiet"
"Sag Fremde, ist's der Fluch, den du besangst?"

- Es war nur Wind, der mir zum Wahn geriet...

 

 

 

Urlaub im Paradies

(Aufgabe von Willi Schantel)

 

Was mir dort schnell geheftet und geknickt
aus meinem Briefschlitz in die Wohnung fällt;
ich hätt's entsorgen sollen. Vorne bellt
mich der Aktionspreis an, die Palme nickt

am weißen Strand. "Für Sie herausgepickt:
Das Paradies" Mein Urlaubstraum seyschellt,
bis die Bestellfrist mir ins Auge schnellt.
Ich spür, wie innerlich die Stoppuhr tickt...

Ein Schnitt - Der Bus fährt weit ins Land hinaus,
unendlich dehnt sich dichter Kiefernwald.
So eine Aussicht hab ich auch daheim.

Der Strand ein Tagesmarsch entfernt, ein Graus
ist der Hotelfras, dennoch geht man bald
dem nächsten Bauernfänger auf den Leim.

 

 

 

 

 

Weinlokal
(Aufgabe von „Koni“)

 

Der Heurige scheint mir ein bisserl herber

als der vom Vorjahr. Nun, das lass'mer gelten,

doch schon allein dies Weinglas, so ein derber

und schwerer Humpen; - nein, das sind noch Welten

 

zum In-Lokal. Auch fehlt's an der vitalen

Creativ Cuisine. Die Rumpsteaks bluten

heut nicht mehr unbedingt. Die größten Qualen

sind noch die ungeschälten Spargelruten.

 

Man müßte wohl den Schankbereich erhellen;

Die Klause könnte dann ganz anders strahlen.

Die Tram-Bahn spuckt Touristen aus in Wellen, -

Mit urigem Ambiente läßt sich prahlen.

Der Saure stumpf in meinem Mund verrinnend,

hör ich den Wirt, laut über Werbung sinnend.