ZaunköniG                                  Alles ist im Fluß

* 1972

© beim Autor

Lebe allen Wendungen bereit.

Es ist dir jede Wandlung anverwandt.

Beides: Geist und Körper, eint ein Band,

Einander eng verschlungen, wie die Zeit

 

Nicht Raum ist, der ihr aber nie entzweit.

Wie sich dein Schritt lenkt durch ein neues Land

Im Gehen immer suchend festen Stand

Regiert der Wandel auch die Ewigkeit.

 

Du bist an deinem Schicksal selbst beteiligt.

Nicht will ich, daß du trauernd hier verharrst.

Es ist kein Ende, weil der Kessel barst,

 

Bist du doch freier, als du jemals warst.

Es ist der Inhalt, nicht die Form, die heiligt.

Laß dich nur gehen, ehe du erstarrst.“

 

 

 

Lugh und Morgain sind ihm noch geblieben,

Aber welche Rolle beide spielen

Bleibt vorerst unentschieden. Beide zielen

Sentanta, den es hin- und hergetrieben

 

Auf die vermeintlich rechte Bahn zu schieben.

Lugh, dem sein Geschick und Geist gefielen

Versucht, dem durch Erschütterung Labilen

Einen Weg zu bahnen. Aufgerieben,

 

Richtungslos, begreift er nicht die Zeichen,

Läßt sich durch Worte nicht recht überzeugen,

Opfert zeitig seine Visionen.

 

Chancen, die für zwanzig Leben reichen,

Können nur den Mutigen belohnen

Tatenlos mußt du dich Schwäch’ren beugen.

 

 

 

Ein Nebelhauch von einem Abendkleid;

Mit klaren Tropfen von Krystall bestickt

Erscheint ihm Morgain. Oftmals fortgeschickt

Regeneriert sie sich von Zeit zu Zeit,

 

Gereift an jeder Unvollkommenheit,

Erholt und frisch am eignen Quell erquickt

Hebt sie zu sprechen an: “Was du erblickst

Ob in der Zeit, ob in Unendlichkeit;

 

Es muß zunächst von Dir enträtselt werden.

Räume, Zeiten, die du dir erschliefst, -

Tagein mußt du dich wieder neu entscheiden.

 

Der Wind verweht, Die Greifbarkeit der Erden

Ist wenn du zugreifst auch ganz subjektivst.

Ruhig, weise, wähle zwischen beiden.

 

 

 

Schaumig, traumhaft ist sie angetrieben.

Prächtig, wie der Fluß das Boot umspielt

In den Spiegel seinen Speer gezielt

Eilt ein Licht, von Lugh ihr zugeschrieben

 

Glänzend ihr voraus. Wie’s sich verhielt

Lag sie schläfrig, und so ist’s geblieben;

Eine Beute allen Tagedieben

Irgendwas, das sie ihm vorenthielt.

 

Noch glänzt aus dem Fluß ihr Silberblick.

Ziemlich spät erweist er sich als Spiegel

Einem alten unbenannten Land.

 

Ist’s Morgains Wandlung? Lugh’s Geschick?

Grad löst die Anderswelt die Riegel;

Es erhebt sich überm Wasser Fand

 

 

 

Immer gleich, was sie ihm prophezeiht;

Höchstes liegt im tiefsten Wort versteckt.

Rate, was ihr Losungsspruch bezweckt

Deute was ihr Wort in dieser Zeit

 

Irgendeinem an Erkenntnis weckt.

Echtes hat die Fata im Geleit

Wahres macht sich mit der Maske breit.

Alles Wirkliche hält sich bedeckt.

 

Helfen die Membranen zu durchdringen

Rudiment und Postament zu kennen

Heißt mitunter sich zurückzunehmen.

 

Elfen hört er mit den Vögeln singen

Ihn in Lied und Vers und Wort zu nennen;

Töne, die fast seinen Willen lähmen.

 

 

 

Sentanta sind die Kräfte aufgerieben.

Ach, gern schaut er den Vögeln hinterher.

Getrieben von der Sehnsucht nach dem Meer;

Ein Fernweh, jedem Vogel eingeschrieben,

 

Schwirrt auch Sentanta bildreich durch den Sinn.

In seiner Jugend hätt’ er sie gefangen,

Einmal die Gunst der Mädchen zu empfangen.

Allseits umschwärmt liegt auch Gefahr darin.

 

Und ganz von Höflichkeiten eingenommen,

Charmant von mancher Buhle zart umgarnt

Hat er kein Ziel und damit Weg genommen.

 

Man hat ihn vor den Freuden nicht gewarnt.

Im Augenblick ist das nicht von Belang

Ruhig lauscht er heut nur dem Gesang.

 

 

 

 

Träge fließt der breite Strom der Zeit,
Rückwärts ist der eigne Blick gewandt;
Auf Erzählungen aus zweiter Hand.
Groß erscheint die Tat, die Welt so weit.

Es ist oftmals ein spontaner Schritt,
Der die alten Ordnungen zerstört.
Irgendwer, der nirgends hingehört
Eilt von Strand zu Strand. Sein flinker Ritt,

Sicher scheint die Furt, fliegt so dahin.
Es grünt auf weiter Ebene kein Halm
Sobald der Reiter je das Land erreicht.

Lichtlos wird der Tag und grau wie Zinn
Orakelte vor Urzeiten der Salm.
So selbverständlich klang das, froh und leicht.

 

 

 

Im Sand ist eine Botschaft eingeschrieben.
Mag Flut die Furten unpassierbar machen,
Mag Niedrigwasser herrschen, daß vom flachen
Erschöpften Fluß ein Rinnsal nur geblieben,

Reißt doch die selbe Macht das Naß ins Meer,
Ist jedem Tropfen schon sein Weg bestimmt.
Schon ehe er den Meeresruf vernimmt
Treibt eine Ahnung ihn sacht vor sich her.

Magst du vor der Vergangenheit auch fliehen;
Ob du die Gegenwart gewinnen kannst,
Reicht keine Zukunft dir die Hand zu deuten.

Gerade hast du dir Gestalt geliehen;
Ein Fluten, daß du in die Ufer bannst.
Noch nicht zum letzen mal wirst du dich häuten.

 

 

 

Morgain ist noch stets bei ihm gewesen.

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Für ihn sind ihre Worte wie ein Stich.

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Lässig scheint er drüber weg zu lesen

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Unter Weiden hält er sein Gespann.

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Sie sagt nur „Alles ist veränderlich“

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Sie sagt, was man vom Leben sagen kann.

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Alles ist im Fluß

 

Lebe allen Wendungen bereit.

Lugh und Morgain sind ihm noch geblieben.

Ein Nebelhauch von einem Abendkleid;

Schaumig, traumhaft ist sie angetrieben.

 

Immer gleich, was sie ihm prophezeiht;

Sentanta sind die Kräfte aufgerieben.

Träge fließt der breite Strom der Zeit,

Im Sand ist eine Botschaft eingeschrieben.

 

Morgain ist noch stets bei ihm gewesen.

Für ihn sind ihre Worte wie ein Stich.

Lässig scheint er drüber weg zu lesen

 

Unter Weiden hält er sein Gespann.

Sie sagt nur „Alles ist veränderlich“

Sie sagt, was man vom Leben sagen kann.